Liebe BrillenfreundInnen, wir laden Sie herzlich ein, mit uns die lange Götti-Nacht im Nordendblick zu…
Brille ist wie Demokratie:
Viele Kompromisse – aber die bestmöglichen
Frankfurt, 17. Mai 2019 (tac).
„Huch, mit der neuen Brille kommt ja rechts der Fußboden hoch?!“
„Entspann Dich – das vergeht nach einer Woche. Oder geh’ gleich nochmal zum Optiker.“
„Und auf eine Treppe traue ich mich gar nicht mehr …“
„Ich weiß gar nicht, was Du hast: Ich habe viel stärkere Gläser und sogar Gleitsicht und hatte nie Probleme.“
Solche Diskussionen kommen Ihnen bekannt vor? Tatsächlich haben viele Menschen Schwierigkeiten mit einer neuen – oder überhaupt der ersten – Brille. In den meisten Fällen liegt das nicht an der Brille oder an den Augen, sondern am Gehirn. Christiane Hensel, Optikermeisterin und Optometristin im Nordendblick, erklärt:
„Wenn der Mensch etwas anschaut, kommt ein bestimmtes Bild auf der Netzhaut an. Dafür müssen die Augen auf das ‚Zielobjekt’ ausgerichtet und die Linse darauf scharfgestellt werden. Das passiert natürlich alles unbewusst, aber Hirn und Auge haben damit richtig viel zu tun. Dabei ‚lernt’ das Gehirn, wie es das Auge fokussieren muss, um ein scharfes Bild zu bekommen. Diese ‚Einstellungen’ speichert es sozusagen ab.“
Wenn die Leistung der Augen nicht mehr ausreicht, bekommt der Mensch eine Brille oder Kontaktlinsen – und alles ändert sich: Die „Einstellungen“ des Gehirns passen nicht mehr zu den bebrillten Augen.
Das Hirn muss sozusagen zur „Weiterbildung“ und lernen, neu zu fokussieren. „Das ist anstrengend – und hat Folgen, die so unterschiedlich sind wie die Menschen“, erklärt Hensel: „Bei den einen passiert – nichts. Bei anderen scheint sich der Fußboden zu bewegen, wieder anderen ist etwas flau im Magen oder sie fühlen sich schwindelig.“ Unter wirklicher Übelkeit leiden nur sehr wenige Neu-Brillenträger.
Je höher oder unterschiedlicher die Werte, desto stärker können die Probleme sein. „Ein wichtiger Grund, die erste Brille nicht zu lange hinauszuschieben“, weiß Hensel. Zumal das Ganze bei einer Gleitsichtbrille noch ein bisschen schwieriger wird: „Hier muss das Hirn sogar mehrere neue Abbildungen, die für die unterschiedlichen Entfernungen auf die Netzhaut „gespielt“ werden, koordinieren.“
„Der Brillenträger muss wirklich neu sehen lernen. Und akzeptieren lernen, was geht und was nicht.“
Das Gehirn braucht etwa vier Wochen, um eine Funktion neu zu erlernen“, erklärt Christiane Hensel. Das sei ähnlich wie bei einer Verhaltensänderung: „Wer sich die abendlichen Pralinen oder Chips abgewöhnen will, braucht auch Zeit und Durchhaltevermögen, bis sein Gehirn das Verlangen ‚vergisst’“.
Christiane Hensel hat fünf Tipps, die den Umstieg auf eine neue Brille erleichtern:
- Achten Sie darauf, dass die neue Brille wirklich gut sitzt. Gehen Sie lieber ein paarmal zum Nachjustieren, damit nichts drückt, rutscht oder schiefsitzt.
- Versuchen Sie, Ihre neue Brille viel, möglichst sogar den ganzen Tag zu tragen. Das ist dann eine Art Intensivkurs für das Hirn.
- Versuchen Sie, möglichst wenig über das „Ungemach“ nachzudenken, sondern die Brille anzunehmen, zu nutzen – und am besten einfach zu vergessen.
- Seien Sie tolerant gegenüber dem neuen ‚Sehgefühl‘.
- Geben Sie sich Zeit. Aber wenn Sie nach vier Wochen noch Probleme haben, sollten Sie einen Termin bei Ihrem Optiker machen. Im Nordendblick werden wir dann noch einmal messen und Ihnen auch kostenlos andere Gläser bestellen.
Ausdrücklich weist die Optikerin auch auf andere mögliche Ursachen hin: „Auch Krankheiten wie Bluthochdruck oder Diabetes können das Sehen beeinträchtigen – diese Möglichkeiten sollte der Hausarzt prüfen, wenn die Schwierigkeiten nicht verschwinden.
Mit einer Brille, insbesondere einer Gleitsichtbrille ist es wie mit der Demokratie: Viele Kompromisse, aber die bestmöglichen (das war das Statement zur Europawahl).
Ob mit 5, 15 oder 45 Jahren: Die erste Brille ist die schwierigste. Der Neu-Brillenträger muss nicht nur sein Gehirn neu justieren (ohne die Erfahrung, dass die Probleme verschwinden), sondern sich auch an das durch die Gläser beschränkten Sehbereich gewöhnen. Wer schon als Kind kurzsichtig wurde, hat diese Erfahrungen schon gemacht und tut sich später meist leichter mit Gleitsichtgläsern.